Dienstag, 24. April 2007

Studi-Protest in Hamburg

Studenten kämpfen für alte HWP

Drei Tage lang streikten in Hamburg Studenten, von Mittwoch bis Freitag letzer Woche. Sie studieren am Department Wirtschaft und Politik (DWP), dem Nachfolger der Hochschule für Wirtschaft und Politik (HWP). Das DWP, Teil der neu geschaffenen Fakultät Wirtschaft- und Sozialwissenschaften (WiSo), soll aufgelöst werden. Entsprechend konkrete Pläne waren am 12. April bekannt geworden. Auf mehreren Vollversammlungen beschlossen die Studierenden, den Vorlesungsbetrieb auszusetzen, um sich über die Umstrukturierung zu informieren und dagegen zu protestieren.

So besuchten sie am Donnerstag eine Sitzung des Akademischen Senats, des höchsten Gremiums der Universität Hamburg, und verlangten auf die DWP-Auflösung zu verzichten. Am Freitag nutzen sie den Massenauflauf für eine Kreuzfahrtschiffstaufe im Hamburger Hafen, um mit einer geschmückten Barkasse auf der Elbe und Flugblättern an Land auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. Seit Montag läuft der Vorlesungsbetrieb wieder, seit Dienstag finden wöchentlich Vollversammlungen mit anschließenden Aktionen statt. So wollen die Studenten den Protest über das ganze Semester aufrechterhalten, in dessen Verlauf über die Zukunft des DWP entschieden wird. Künftige Streikaktionen sind dabei nicht ausgeschlossen.

Die ehemalige HWP war die einzige Hochschule in Westdeutschland, die Studieren ohen Abitur ermöglicht hatte. Eine feste Quote der Studienplätze, zuletzt 40 Prozent, war für Nichtabiturienten reserviert. Als die HWP 2005 von der CDU-Mehrheit in der Hamburgischen Bürgerschaft aufgelöst wurde, gestand man ihr bis 2008 eine Übergangsstruktur in der neuen WiSo-Fakultät zu – das Department für Wirtschaft und Politik. Darin sind das Lehr- und Verwaltungspersonal organisiert, es gibt einen Departmentrat, der allerdings dem Fakultätsrat untergeordnet ist. Neben der HWP gingen in der neuen Fakultät die beiden Uni-Fachbereiche Wirtschaftswissenschaften und Sozialwissenschaften auf. Jedes dieser drei Departments stellt im Fakultätsrat ein Drittel der Vertreter. Dies hat sich schon negativ bemerkbar gemacht, denn mehrere HWP-Professuren wurden nicht neu besetzt – was zu erheblichem Vorlesungsausfall führte.

Die neuen Pläne für 2008 sehen vor, dass die bisherigen Departments aufgelöst werden und drei neue geschaffen werden: Volkswirtschaft, Betriebswirtschaft und Sozialwissenschaften. Die bisherigen DWP-Stellen würden dann auf die neuen Departments verteilt und es gäbe keine institutiuonelle Struktur für den DWP-Studiengang Sozialökonomie. Er wäre dann von der Willkür der Wirtschaftswissenschaften und der Sozialwissenschaften abhängig und könnte jederzeit per Federstreich abgeschafft werden.

Schon bei der Auflösung der HWP war damit zu rechnen, dass die Übergangsfrist nur eine Galgenfrist bedeutete. Entsprechend äußerte sich der wissenschaftspolitische Sprecher der Hamburger CDU-Fraktion, Wolfgang Beuß, anlässlich der Proteste: „Dies wurde bereits im Februar 2005 durch das ´Gesetz zur Bildung der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg´ eindeutig festgelegt.“ Tatsächlich obliegt die Entscheidung aber den Hochschulgremien.

Deshalb sehen die DWP-Studenten Chancen für ihren Kampf ihr Department zu erhalten und wollen nächste Woche im Fakultätsrat Druck machen. Eine Befassung des Themas im Akademischen Senat haben sie mit ihrem Protest bereits erzwungen. Er tagt in drei Wochen. Verstärkt wollen die Studenten in der Öffentlichkeit auf sich aufmerksam machen. Mit ihren Aktionen zum Erhalt der HWP hatten sie sogar den letzten Bürgerschafts-Wahlkampf für ihr Anliegen genutzt - die Oppositionsparteien hatten sich klar für die HWP positionieren müssen.

Natürlich hat die Vernichtung der HWP politische Gründe: von den Gewerkschaften und Genossenschaften initiiert, hat die frühere „Akademie für Gemeinwirtschaft“ Wissenschaft im Interesse der Arbeiterklasse betrieben. Die HWP hat ihren Ruf als Gewerkschaftskaderschmiede nie abgelegt und die Förderung von Arbeiterkindern stets auf ihre Fahnen geschrieben. Einer der WASG-Vorläufer, die Initiative ASG, bestand komplett aus HWPlern, HWP-Professoren sitzen für Die Linke im Bundestag und Arbeitsrechtler am DWP vertreten die Gewerkschaften am Bundesarbeits- und Bundessozialgericht und versorgen die Gewerkschaften mit Rechtsgutachten. Die Stipendiaten der DGB-eigenen Hans-Böckler-Stiftung stellen mittlerweile wieder die aktivste Gruppe im studentischen Protest. Immernoch ist der Abschluss im interdisziplinären DWP-Studiengang Sozialökonomie die beste Eintrittskarte für eine Beschäftigung als Gewerkschaftssekretär.

Zwar wählen die Studenten einen Schwerpunkt, doch sind sie verpflichtet alle angebotenen Fächer zu belegen, also Volkswirtschaft, Betriebswirtschaft, Soziologie sowie Wirtschafts- und Arbeitsrecht. Eine umfassende gesellschaftspolitische Bildung auch ohne Abitur – dafür waren und sind die Studenten immer bereit zu kämpfen.

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