Dienstag, 27. Februar 2007

Fall Klar: Haftverlängerung für freie Meinung?

Keinen Maulkorb für Christian Klar!

Letzes Jahr verbot die tschechische Regierung den Kommunistischen Jugendverband KSM, weil er den Sozialismus zum Ziel hat. Die deutsche Politik will diesem repressiven Antikommunismus offenbar in nichts nachstehen:

Dem politischen Gefangenen Christian Klar (ehemals RAF) soll nach dem Willen von bürgerlichen Politikern sein Gnadengesuch bei Präsident Köhler verweigert werden, weil er eine "Niederlage der Pläne des Kapitals" fordert, sich positiv auf die "Inspiration, die seit einiger Zeit von verschiedenen Ländern Lateinamerikas ausgeht", beruft und eine Gesellschaft für möglich hält, die "die volle Förderung aller ihrer menschlichen Potentiale bereithalten kann". (Voller Wortlaut seiner Botschaft an die Rosa-Luxemburg-Konferenz: hier klicken)

Angesichts dieser (humanistisch begründeten) Erklärung verlangt der baden-württembergische Justizminister Goll (FDP) eine neue Begutachtung des Häftlings, der im badischen Bruchsal seit 24 Jahren einsitzt. FDP-Chef Westerwelle fordert den Bundespräsidenten unverblümt zur Ablehnung von Klars Gnadengesuch auf. Bayerns Innenminister Beckstein (CSU) und ex-"Bürgerrechtler" Wolfgang Thierse (SPD) äußerten sich ähnlich.

Klar soll also den Rest seines Lebens hinter Gittern verbringen, weil er den Kapitalismus ablehnt. Zu RAF-Zeiten mögen solche Forderungen noch lebensgefährlich gewesen sein, doch hat sich die Organisation bekanntlich Ende der 90er Jahre aufgelöst. Niemand hält Klar mehr für ein Sicherheitsrisiko. Allein seine freie Meinungsäußerung soll ausreichen, um ihn weiter einzukerkern. Die Freidemokraten und ihre Claqueure in Union und SPD sind somit die wahre Gefahr für die Demokratie.

Überdies bietet die Verfassung Klars Kritik am Kapitalismus den inhaltlichen Rahmen: "Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung (...) in Gemeineigentum (...) überführt werden" (Art. 15 GG). Schon der KPD-Vorsitzenden Max Reimann wusste, dass das Grundgesetz nur von der Rechten bedroht wird. Bei der Verabschiedung der Verfassung sagte er 1949: "Wir stimmen heute gegen dieses Grundgesetz, aber eines Tages werden wir es gegen die, die es angenommen haben, verteidigen."

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